Middleware im E-Commerce

So finden Sie Ihre Middleware für Marktplätze

Spätestens dann, wenn ein Händler neben seinem Onlineshop auch mehrere Marktplätze nutzen will, steigt der Aufwand enorm und die Übersicht schwindet. Eine Middleware erleichtert die Arbeit und kann dabei helfen, die Kundenerfahrungen im Multi- und Omnichannel zu verbessern. In diesem Beitrag lesen Sie, welche Funktion eine Middleware hat. Und Sie erfahren, worauf Sie bei der Auswahl achten sollten.

Egal, über welche Kanäle Sie verkaufen: Es werden eine ganze Reihe identischer Daten und Informationen gebraucht: 

  • Stammdaten zu Produkten,
  • Artikelnummern,
  • aktuelle Preise und natürlich auch
  • die Verfügbarkeit.

Diese Informationen sollten möglichst in Echtzeit in den verschiedenen Systemen (Onlineshop, Marktplatz) auftauchen. Für Massenänderungen stellen die Marktplätze eigene Schnittstellen zur Verfügung, damit die Informationen bearbeitet werden können. Dabei kommt es zwischen den verschiedenen Plattformen aber häufig zu Unterschieden. Mit anderen Worten: Die gleichen Daten müssen in verschiedener Form eingetragen werden. 

Um die Sache noch komplexer zu machen, ist bei jedem Händler die Ausgangsbasis individuell. Die einen setzten bereits auf ein sehr umfangreiches ERP-Werkzeug, andere nutzen lediglich eine kleine Warenwirtschaft. 

Die manuelle Aktualisierung von Daten wird zu einer aufwändigen Sache. Und sie kann auch zu unerwünschten Erfahrungen auf der Seite von Kundinnen und Kunden führen. Beispiel: Der Artikel ist in der Warenwirtschaft bereits als ausverkauft gekennzeichnet. Diese Information liegt aber noch nicht auf dem Marktplatz vor. Längere Lieferzeiten sind somit unausweichlich. Darüber konnte die Kundschaft aber noch nicht informiert werden, Ärger ist vorprogrammiert. 

Genau hier kommt eine Middleware für den E-Commerce ins Spiel.

Aufgaben einer Middleware

Der Name deutet es schon an: Die Middleware übernimmt die Rolle eines Vermittlers zwischen verschiedenen IT-Systemen. Beispiele für solche Middleware-Applikationen im E-Commerce sind beispielsweise ChannelAdvisor oder auch Channelpilot. In einem anderen Beitrag werde ich Ihnen an dieser Stelle eine ganze Reihe solcher Anbieter vorstellen. 

Ein mögliches Einsatzszenario zeigt das Diagramm. Die Systeme, mit denen sich die Middleware austauscht, können sich je nach Händler deutlich unterscheiden. Nicht jedes Unternehmen nutzt etwa ein PIM (Produktdateninformationssystem). 

Funktionsweise einer Middleware im E-Commerce.

Zentrale Aufgabe ist in jedem Verkaufsszenario der (halb-) automatisierte Austausch der Daten zwischen internen Händlersystemen und den Zielkanälen. Die Produktdaten müssen so etwa nur an einer einzigen Stelle zentral gepflegt werden. Die Middleware kümmert sich darum, dass diese im korrekten und gewünschten Format im System des Marktplatz-Betreibers eingehen. 

Die aktuellen Bestellungen aus den unterschiedlichen Kanälen laufen wieder in der Middleware zusammen. Die Überwachung der Verfügbarkeit wird vereinfacht, da sich die Daten schneller mit der Warenwirtschaft abgleichen lassen. 

Vorteile beim Einsatz einer Middleware

Unabhängig von der konkreten Funktionstiefe der eingesetzten Middleware ergeben sich durch den Einsatz eine Reihe von Vorteilen: 

  • Komplexität wird reduziert: Statt im ungünstigen Fall die Produktdaten für mehrere Marktplätze manuell aufzubereiten, werden diese Infos zentral gepflegt und verteilt. Damit reduziert sich insgesamt die Komplexität der Arbeit mit verschiedenen Kanälen. Das gilt etwa auch für die Überwachung von eingehenden Bestellungen, die zentral aus den verschiedenen Quellen zusammenlaufen.
  • Standardisierung von Prozessen: Der Einsatz einer Middleware unterstützt bei der Etablierung von Standardprozessen und Abläufen. Denken Sie an Bestellbestätigungen oder Retouren, die nicht in anderen Systemen im Unternehmen abgebildet werden müssen.
  • Mehr Verkaufsmöglichkeiten: Mit dem Einsatz der Middleware steigen die Verkaufsoptionen schnell an. Denn der Anbieter besitzt bereits die notwendigen Schnittstellen. So kann der Händler dann rasch bei Amazon, Ebay und anderen Plattformen aktiv werden.
  • Schnellere Nutzung weiterer Kanäle: Die Ausweitung der eigenen Strategie und damit die Nutzung weiterer Kanäle geht sehr viel schneller, als sich erst selbst um die entsprechenden Anbindungen zu kümmern. Das gilt beispielsweise auch für die Internationalisierung des Geschäfts.
  • Verbesserung des Reportings: Da die Daten an einer zentralen Stelle zusammenlaufen, wird die Einrichtung eines einheitlichen Reportings deutlich leichtert.
  • Verbesserung der Kundenerfahrung: Dank der Effizienzsteigerung bei Management der verschiedenen Kanäle agiert der Händler schneller. Das hilft bei der Bearbeitung von Bestellungen und damit am Ende auch der Nutzererfahrung. Situationen wie „Out of Stock“, die die Kundinnen und Kunden verärgern, werden vermieden.
  • Nutzung neuer Funktionen: Nicht unterschätzen sollten Sie die Vorteile, die sich aus dem Einsatz zusätzlicher Funktionen ergeben, die zur Ausstattung der Middleware gehören. Dazu zählt etwa die Buchung von Anzeigenkampagnen auf den Plattformen selbst. Auch in dieser Hinsicht kommen Händler einfach schneller voran, als das Thema vollständig selbst in die Hand zu nehmen.

Wer sich für einen der bekannten Anbieter entscheidet, profitiert noch von einem zusätzlichen Vorteil. Denn der Händler ist nicht der erste Kunde des Anbieters, d.h., er profitiert auch von dem Know-how des Middleware-Anbieters. Durch ein begleitetes Onboarding sind die Erfolgsaussichten für den Händler im neuen Kanal also höher, als wenn er selbst erst Erfahrungen sammeln muss.

Kernfragen zur Auswahl

Auf dem Markt herrscht inzwischen eine recht große Auswahl an Anwendungen, die sich selbst als Middleware im Bereich Marktplätze und Multichannel positionieren. Sie besitzen eine sehr unterschiedliche Funktionstiefe und setzen eigene Schwerpunkte in ihren Möglichkeiten. In einen weiteren Artikel möchte ich in den kommenden Tagen dazu einmal eine kurze Übersicht liefern. Damit Sie schneller zur Auswahl gelangen, gibt es einige Leitfragen, die Ihnen dabei helfen, die verschiedenen Systeme miteinander zu vergleichen. 

  • Was verkaufen Sie? Die Frage mag jetzt zunächst trivial erscheinen, aber die verschiedenen Systeme besitzen tief in ihren Feature-Listen durchaus Stärken und Schwächen in unterschiedlichen Produktkategorien. Es macht eben auch in der IT einen Unterschied, ob Sie Möbel oder Mode verkaufen.
  • Welche Kanäle wollen Sie bestücken? Dies ist die zentrale Frage, denn die gewünschten Kanäle sollten bereits verfügbar sein. Denken Sie hier ruhig etwas größer und halten Sie sich zukünftige Erweiterungen offen.
  • Planen Sie eine Internationalisierung? Auch hier ist es besser, nicht nur vom aktuellen Status auszugehen, sondern auch die nähere Zukunft zu betrachten. Beispielsweise könnten Sie auf einem Marktplatz beginnen, um dann dessen internationale Auftritte in einem weiteren Schritt zu bespielen. Deswegen ist es notwendig, sich genau anzuschauen, über welche Anbindungen die Middleware tatsächlich verfügt.
  • Was machen Sie in Sachen Multichannel? Filialisten wissen vermutlich gar nicht, dass eine Middleware auch in Kombination mit Onlineshops und Marktplätzen sehr nützlich sein kann: Beispielsweise bei der Abwicklung von Retouren direkt in einem Store oder auch der Versand von online bestellten Produkten aus einer Filiale.
  • Welche IT-Systeme setzen Sie bereits ein? Dazu gehört auch die Antwort auf die Frage, welche davon möglicherweise funktional von der Middleware ersetzt werden können. Nutzen Sie etwa für das Repricing einen eigenen Dienst oder ein Werkzeug, kann dies bei einigen Middleware-Anbietern durch die integrierten Funktionen ersetzt werden. Ein Handelsunternehmen, das bereits eine ERP-Software einsetzt, wird dagegen eher nach Schnittstellen zur Middleware suchen.

Mit den Antworten auf diese Fragen werden Sie leichter zu einem Anbieterkreis für eine Middleware kommen, der deutlich überschaubarer ist. 

Stephan Lamprecht

Ist als Journalist mit dem Schwerpunkten Tech und Retail unterwegs. Arbeitet aber auch für Agenturen aus unterschiedlichen Branchen zu vielen Themen, vorzugsweise in Tech, Payment, E-Commerce, Insurtech und Versicherungen. Er ist hier Gründer, Chefredakteur, Systemadmin und Datenschutzbeauftragter in einer Person.

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